Fortbildungszentren als Lernort
by braun | Allgemein, Tipps und Tricks
Jedes Schuljahr besuchen unsere siebten Klassen, ein berufliches Fortbildungszentrum der bayerischen Wirtschaft, kurz bfz genannt. Meine Schule nutzt dieses Angebot jedes Jahr für die siebten und teilweise auch die achten Klassen (auch M-Klassen), damit die Schülerinnen und Schüler einen Einblick in die spätere Berufswelt bekommen und selbst Hand anlegen dürfen.
Ich finde dieses Angebot klasse, denn viele Schülerinnen und Schüler haben in diesem Alter oft noch keine Vorstellung davon, was sie später einmal machen möchten, oder was nicht. Dann ist das Schuljahr fast vorbei und die nächste Klassenstufe steht unmittelbar bevor. In dieser geht es dann schon rasant Richtung Bewerbung und Praktikum. Für einige Jugendliche ist das aber immer noch sehr weit weg und sie fallen jedes Mal aus den Wolken, wenn ich das Thema anschneide.
Vielfältige Einblicke
Die Maßnahme im bfz dauert zweimal eine Woche im laufenden Schuljahr. Die Kinder sind bereits in feste Gruppen eingeteilt und durchlaufen in dieser Gruppe verschiedene Themenbereiche. In dieser Woche arbeiten die Kinder mit Metall (sie erstellen eine Duftlampe), mit Holz (sie bauen einen Steckstuhl), beim Friseur dürfen sie selbst Haare waschen, föhnen u.v.m.. Einblicke in den 3D-Druck bekommen sie ebenso wie in die Robotik, hier dürfen sie mit Lego-Mindstorms arbeiten. Auch Kochen und der Lernbereich Lager/Logistik stehen auf unserem Plan, ebenso wie Elektrik.
In der ersten Woche, gebe ich zu, hatten die Schülerinnen und Schüler durchaus mit den Anforderungen zu kämpfen. Allein zu sehen, wie lange es dauert, bis eine Duftlampe fertig ist, welche Arbeitsschritte notwendig sind bis ein Steckstuhl fertig ist und man ihn mit nach Hause nehmen kann. Oder auch einfach nur ein paar Stunden am Stück in einer Werkstatt stehen zu müssen, bis sie mit einer Arbeit fertig sind, waren durchaus große Herausforderungen.
Eindimensionalität aufbrechen
In dieser zweiten Woche nun, haben sich die Kids dann schon richtig darauf gefreut. Bereits jetzt gibt es einige Jugendliche, die bereits bestimmte Vorlieben oder Antipathien für oder gegen einen bestimmten Werkstoff haben (Zitat: „Metall ist gar nichts für mich!“), aber ich finde, dass genau das sehr wichtig für den eigenen Prozess der Berufswahl ist. Unsere Schule ist in einer ländlich geprägten Kleinstadt. Da gibt es zwar viele Angebote der Arbeitswelt, doch viele Jugendliche orientieren sich dann trotzdem immer noch an den Berufen der Eltern oder der Freunde. Andere Sachen kennen sie auch oft nicht. Zwar wandelt sich die Arbeitswelt immer mehr, doch Ziel ist es doch immer noch, eine Arbeit zu finden, die einem jahrelang Spaß macht und mit der man „bestenfalls“ auch in Rente gehen kann.
Um gerade diese Eindimensionalität aufzubrechen, finde ich das bfz und alle ähnlichen Maßnahmen toll. Bekommt man doch einen umfangreicheren Einblick in die Arbeitswelt, als man ihn in der Schule oft nur theoretisch vermitteln kann. Mein stolzes Lehrerherz freut sich auch jedes Mal wieder, wenn ich sehe, wie die Kinder aus sich raus gehen können. Gerade an der Mittelschule haben wir viele Praktiker, die tolle Sachen schaffen können, wenn sie nicht nur theoretischen Stoff pauken müssen. Ich bin schon gespannt, wie dann im kommenden Schuljahr die Auswahl zu den Betriebspraktika getroffen wird. Denn nun können die Schülerinnen und Schüler auch schon ausschließen, was sie nicht möchten, oder das Berufsfeld vertiefter ausprobieren.
Dies ist ein Beitrag von Christiane Vatter-Wittl
Christiane Vatter-Wittl ist erfahrene Lehrerin und Schulbuchautorin, beides aus Leidenschaft. Mit schülerfreundlichen und schnell einsetzbaren Materialien möchte sie den Arbeitsalltag der Kolleginnen und Kollegen bereichern und vereinfachen. Gerne teilt sie Ihre Erfahrungen und Ihr Wissen aus der Unterrichtspraxis.
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